Hauptpreis

"Koffer auf Reisen" vom Theater mini-art, Bedburg-Hau

Das Theater mini-art ist für seine leise, warmherzige und poetische Theaterarbeit bekannt. Koffer auf Reisen zeigt ein Stück über das Unterwegssein und Nicht-Wissen-Wohin, über die Sehnsucht nach jemandem, der auf einen wartet, von der Suche nach dem Glück und dem Zauber der allem Anfang innewohnt. Zwei Menschen begegnen sich in der Fremde. Frau Staphilea Colchica und Herr Flor Papel sind auf Reisen ohne konkretes Ziel, aber auf der Suche nach einem Ort, der Heimat sein kann. Jeder von ihnen hat unzählige Koffer dabei, voll mit Überraschungen und seltsamen Dingen, die sich im Laufe des Lebens angesammelt haben. Der anrührende und clowneske, liebenswerte Chaot mit dem Lebensmotto "der Weg ist das Ziel", trifft auf die ordnungsliebende, gut strukturierte, ein bißchen zickige, aber auch sehnsuchtsvolle Staphilea . Das anfängliche Nichtverstehen, nicht akzeptieren und Aneinandervorbeireden führt im Laufe der Begegnung zu einer vorsichtigen Annäherung. Die präzise Darstellung, gezielt gesetzte Blicke, pointierte Dialoge in der sensiblen, feinfühligen Regie und Figurenführung von Rinus Knobel lassen den Zuschauer den Prozess sinnlich miterleben. Die Ausstattung mit Liebe für das Detail unterstreicht die magischen Momente der Inszenierung und runden das stimmige Gesamtbild ab. Crischa Ohler und Sjef van der Linden spielen zwei alte wunderliche Figuren, die sich auf dem Weg in einen neuen Lebensabschnitt befinden. Sie spielen für ein junges Publikum, für kleine Kinder . Und das gelingt auf vorzügliche Weise. Denn merkwürdigerweise stellen sich für Kinder und ältere Menschen in solchen Phasen des Übergangs ähnliche Fragen und Probleme. Wo will ich hin, kann ich den anderen in seiner irritierenden fremden Art akzeptieren, finde ich eine Heimat in Zweisamkeit? Mit Koffer auf Reisen ist dem Theater mini-art ein bezauberndes und verzauberndes Stück gelungen, das vielfältige Gesprächsanlässe zwischen den Generationen bietet.

Sonderpreise

Der Preis des Festivals WESTWIND 26. Kinder- und Jugendtheatertreffen NRW für besondere schauspielerische Leistung geht an Roman Konieczny.

Eine Auszeichnung für herausragende schauspielerische Leistung erhält Roman Konieczny für seine Rolle des Basini in der Produktion Die Verwirrungen des Zöglings Törleß des Rheinischen Landestheaters Neuss unter der Regie von Marc Lunghuß. Roman Koniecny durchwandert in seiner Rolle des Basini eine Hölle der Erniedrigung. Es gelingt ihm, durch eindringliches Spiel den Mechanismus aufzuzeigen, der das Opfer sadistischer Handlungen aus schierer Selbsterhaltung zum Masochisten werden lassen. Eine verstörende aber auch katharsische Performance, die in die Abgründe menschlichen Daseins führt.

Sonderpreis des Festivals WESTWIND 2010 26. Kinder- und Jugendtheatertreffen NRW für ein besonders gelungenes partizipatives Projekt geht an das Theater an der Ruhr aus Mülheim für ICH und andere Lügen , das in Koproduktion mit dem FFT Düsseldorf entstanden ist.

Die Frage nach dem ICH war schon immer das große Thema der Pubertät. Für die Generation Internet stellt sich die Frage allerdings in einer neuen Dramatik. Denn die globale und beschleunigte Welt bietet zunehmend nur noch virtuelle Erfahrungen. Das stellt besondere Anforderungen an die 12-14jährigen in Hinblick auf die Konstruktion einer stabilen Identität. Der Alltag junger Menschen fordert permanente Anpassungen an wechselnde Umgebungen und soziale Beziehungen. Das ICH muss dabei aus einer Vielzahl von Schnipseln vorgefertigter Muster zusammengebastelt werden. Das Theater an der Ruhr hat sich in beeindruckender Weise diesem drängendem Thema gestellt. Der Komplexität angemessen ist das Material, das zur Grundlage von ICH und andere Lügen genutzt wurde. Interviews mit Jugendlichen, Improvisationen und Texte über die Generation Internet wurden von dem jungen Ensemble bestehend aus Schauspielern und - wenn man so will - Experten für moderne Identitäten, nämlich jugendlichen Performern, unter der Regie von Albrecht Hirche verarbeitet. Entstanden ist ein Werk, das in seiner ästhetischen Formung dem hohen Anspruch des Themas auf bewundernswerte Weise gerecht wurde. Nach Geschlechtern getrennt sitzt das Publikum auf der Bühne in deren Zentrum die in Visual Key gekleideten Performer stehen. Diese Anordnung und das Spiel mit der Androgynität provoziert den beobachtenden Blick, der im Laufe des Stückes durch den Einsatz von Video und Projektion noch mehrfach gespiegelt und gebrochen werden soll. Überhaupt wird viel mit Erwartungshaltungen experimentiert. So präsentiert sich das Spiel der sechs jungen Performer und ihres mitagierenden Regisseurs streckenweise im Stile einer Casting-Show, bei der es darum geht, sich selbst zu offenbaren. Es geht um Selektion und Ausgrenzung bis hin zur Isolation. In einem Turm aus Plastikeimern, auf denen vereinzelt die Wörter Ich - will - wir - wollen stehen, ist ein Mädchen gefangen. Wenn du rauskommst, töten wir dich, flüstert jemand. Es entsteht eine existentielle Spannung. Doch der Ausbruch ist verblüffend einfach. Es reicht, einen Eimer beiseite zu schieben, und das Gefängnis bricht zusammen. So endet das Stück versöhnlich, als die Darsteller zur Generationshymne Cripple Crow ihre vermeintlichen kleinen Fehler offenbaren. Der eine findet sich zu blöd, zu klein, oder zu hässlich. Auf der Leinwand sind jetzt sogar Mitarbeiter des Theaters aufgetaucht, die ebenfalls in das Spiel der Offenbarung mit einstimmen. Das ist übrigens auch eine schöne Sache, wenn eine renommierte Institution wie das Theater an der Ruhr die Arbeit mit und für junge Menschen genauso ernst nimmt wie jede andere Produktion aus dem reichen Repertoire des Mülheimer Theaters.  

 

Publikumspreise

Preis der Jugendjury: "Die Verwirrungen des Zöglings Törleß" vom Rheinischen Landestheater Neuss.

Ein Kopf an Kopf Rennen mit "Ich und andere Lügen" das "Die Verwirrungen des Zöglings Törleß" des Rheinischen Landestheater Neuss letztendlich gewonnen hat. Das hemmunglose, mutige Spiel der Schauspieler hinterließ einen starken bleibenden Eindruck. Durch das offene Ende wurde der Zuschauer angeregt über das Stück und das Thema nachzudenken.

Preis der Kinderjury: "Koffer auf Reisen" vom Theater mini-art, Bedburg-Hau

Wir haben uns die Stücke "Koffer auf Reisen", "Kummer und Courage", "Die Treppe zum Garten" und "Spiel der Kräfte" angeschaut. Alle Stücke fanden wir faszinierend und toll gemacht, aber wir konnten ja nur eines auswählen. Am Ende haben unsere Köpfe geraucht, denn es gab ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Stücken "Die Treppe zum Garten" vom Theater Marabu und "Koffer auf Reisen" vom Theater mini-art. Nachdem wir alle unsere Kriterien noch mal durchgegangen sind, waren wir uns einig, dass den Publikumspreis der Kinderjury das Theater mini-art für das Stück "Koffer auf Reisen" bekommen soll. Die Geschichte war spannend und unterhaltsam und wir wurden dabei fröhlich. Es war eine schöne Geschichte, denn sie hatte mit Liebe zu tun. Die Schauspieler waren sehr überzeugend. Jede Figur hatte eine eigene passende Persönlichkeit. Alles hat so gut zusammen gepasst: die Musik, das Bühnenbild mit den vielen verschiedenen Koffern, das lustige Kostüm von Herrn Papel und das elegante Kostüm von Frau Colchica. Es war verblüffend und unbegreifbar, dass Herr Papel all die Blumen selber gemacht hat. Es war einfach wundervoll und zauberhaft. Am Ende fühlte man sich frei - wie auf einer Blumenwiese.

 

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